Im Zusammenhang mit Putins Krieg gegen die Ukraine werden den früheren Bundesregierungen von Brandt bis Merkel Fehleinschätzungen vorgeworfen, die Deutschland in eine Abhängigkeit von russischen Energielieferungen gebracht haben. Da die Thematik etwas komplexer ist und sich Probleme und Akteure in den letzten sechzig Jahren stark verändert haben, ist eine kritische historische Rückschau erforderlich. Dafür bieten sich zwei Zeitetappen an:
die Zeit von der Kubakrise bis zum Ende der UdSSR 1991 und die Entwicklung russischer Politik von Jelzin zu Putin bis zum Krieg gegen die Ukraine.
Zugleich gilt es, über den aktuellen Konflikt um die Ukraine hinaus, den Kampf um die Vorherrschaft in der Welt durch die USA, China, Indien, die EU und Russland wahrzunehmen.

Der Zusammenbruch der UdSSR bedeutete zugleich das Ende des kommunistischen Gesellschaftsexperiments als auch des geostrategischen Gegenpols zum NATO-geprägten Westen. Russland verlor die Kontrolle über die unabhängig werdenden ehemaligen Sowjetrepubliken vom Baltikum über die Ukraine bis nach Zentralasien.
Aus der raschen Privatisierung der staatlichen Industrie entstand unter Präsident Jelzin schnell eine Oligarchen-Wirtschaft, in der wenige in kürzester Zeit zu unermesslichem Reichtum gelangten.
Von seinem Nachfolger Putin versprach man sich in Russland wirtschaftliche Korrekturen. Putins Geschichtsrevisionismus, der sich zugleich einerseits gesellschaftlich an zaristischen Vorbildern und anderseits an imperialer Größe der UdSSR orientiert, entwickelte sich zugleich mit einer Ausdehnung westlicher Macht im Zuge der Osterweiterungen von NATO und EU.