Eine Dirigentin, das war vor einhundert Jahren undenkbar. Von Frauen wurde erwartet, dass sie heiraten, für den Haushalt sorgen und Kinder bekommen. Insofern war der Traum der 1902 in Rotterdam geborenen Antonia Brico so unwahrscheinlich wie kaum etwas anderes: Dirigentin wollte sie werden, der Armut eines Lebens mit ihren Adoptiveltern entkommen, auf der Bühne stehen und ein Orchester führen. Dieser Traum wurde tatsächlich Wirklichkeit. Die holländische Regisseurin Maria Peters hat in ihrem biographischen Film „Die Dirigentin“, den Weg der Antonia Brico aus den Mietskasernen auf die Bühnen der Welt nacherzählt.

Man muss sich deutlich machen, dass zum einen ihre musikalische Ausbildung aufgrund der sozialen Zustände mangelhaft war – und sie auf Lehrer angewiesen war, die sie überhaupt als Schülerin akzeptierten. Wir konnte jemand aus der untersten sozialen Klasse sich anmaßen in die Welt der Klassik aufzusteigen – noch dazu als Frau? Für sie und ihre soziale Schicht war kein Platz im Musik-Konservatorium vorgesehen. Antonia Brico aber war der Musik so leidenschaftlich zugetan, dass sie immer wieder Weg suchte. Nahezu unglaublich, aber wahr. Dafür war sie auch bereit, auf andere Dinge des Lebens zu verzichten, der Musik ordnete sie alles unter. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass die echte Antonia Brico nicht ganz so selbstbewusst und burschikos agierte wie die Version in Maria Peters Film: Eine beeindruckende Figur ist sie in jeden Fall, vor allem auch eine, die als Vorbild für die Gegenwart taugt.