Im Zusammenhang mit Putins Krieg gegen die Ukraine werden den früheren Bundesregierungen von Brandt bis Merkel Fehleinschätzungen vorgeworfen, die Deutschland in eine Abhängigkeit von russischen Energielieferungen gebracht haben. Da die Thematik etwas komplexer ist und sich Probleme und Akteure in den letzten sechzig Jahren stark verändert haben, ist eine kritische historische Rückschau erforderlich. Dafür bieten sich zwei Zeitetappen an:
die Zeit von der Kubakrise bis zum Ende der UdSSR 1991 und
die Entwicklung russischer Politik von Jelzin zu Putin bis zum Krieg gegen die Ukraine.
Zugleich gilt es, über den aktuellen Konflikt um die Ukraine hinaus, den Kampf um die Vorherrschaft in der Welt durch die USA, China, Indien, die EU und Russland wahrzunehmen.

Die Entspannungspolitik, die in Deutschland eng mit dem Namen des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt verbunden ist, begann in den ersten Ansätzen mit dem Erschrecken über die Kubakrise 1962, die die Welt mit der realen Möglichkeit eines vernichtenden Atomkriegs konfrontierte. In der Folge vereinbarten die USA und die UdSSR erste Rüstungskontrollverträge.
Für eine stabile Friedensordnung in Europa waren wiederum die Anerkennung der Grenzen (DDR, Polen, Tschechoslowakei) durch die Bundesrepublik eine zentrale Voraussetzung. Wirtschaftsprojekte auf Gegenseitigkeit, wozu Erdgas- und Erdöllieferungen aus der UdSSR gehörten, bildeten die ökonomische Grundlage für weitergehende Vereinbarungen, die in der KSZE-Schlussakte von 1975 fixiert wurden. Die Entspannungspolitik bildete zugleich eine Voraussetzung für den letztlichen Zusammenbruch der UdSSR, des Warschauer Pakts und die Wiedervereinigung Deutschlands.